Kolonialgeschichte neu denken: Augsburger Gedenken im Wandel!

Kolonialgeschichte neu denken: Augsburger Gedenken im Wandel!
Annastraße 25, 86150 Augsburg, Deutschland - In Augsburg tut sich einiges, wenn es um die Auseinandersetzung mit der eigenen kolonialen Vergangenheit geht. Am 21. Juni 2025 wurde im Rahmen des Friedensfestes anlässlich des 375. Jubiläums ein Aktionstag abgehalten, der das Ziel hatte, die Augsburger Kolonialgeschichte kritisch zu beleuchten. Die Zusammenarbeit zwischen der Werkstatt Solidarische Welt und der Universität Augsburg zielt darauf ab, das bisherige Narrativ zu hinterfragen, welches oft durch Verharmlosung und Glorifizierung geprägt ist.
Ein Paradebeispiel hierfür ist die Welsertafel an der Annastraße, die Bartholomäus Welser als Pionier deutscher Kolonialunternehmungen feiert, ohne die drastischen Konsequenzen seiner Unternehmungen, wie Gewalt und Versklavung, zu erwähnen. Diese einseitige Sicht wird nun durch eine zweite Tafel ergänzt, die die dunklen Seiten dieser Geschichte sichtbar machen soll. Der Aktionstag, betitelt „Von El Dorado nach Augsburg: Kolonialgeschichte sichtbar machen!“, umfasste einen kolonialen Stadtrundgang, eine Lecture Performance mit Magda Agudelo und Adelheid Schulz sowie die Enthüllung der neuen Welsertafel, die eng mit dem veränderten Blick auf die koloniale Vergangenheit verknüpft ist, da die Stadt zunehmend postkoloniale Perspektiven berücksichtigt.
Santa Maria 2.0 und die kritische Perspektive
Ein interessanter Bestandteil dieser Auseinandersetzung ist das Projekt Santa Maria 2.0, eine Nachbildung einer Karavelle, die ursprünglich 1992 zur Feier von Kolumbus‘ 500-jährigem Jubiläum geschaffen wurde. Während diese Karavelle in den letzten Jahren durch die Augsburger Fußgängerzone segelte und für Fairen Handel und Solidarität warb, erhielt sie jedoch auch Gegenwind aus dem Rathaus. Hier zeigt sich, wie sensibel das Thema Kolonialgeschichte nach wie vor ist, insbesondere während einer Ausstellung über die Fugger und Welser, als kritische Texte über das Schicksal der indigenen Völker nicht ausgestellt werden durften.
Mit dem Aktionstag und der neuen Tafel wird allerdings klar, dass ein Wandel im Gange ist. Hierbei spielt die Auseinandersetzung mit den Abhängigkeiten und Wechselwirkungen zwischen europäischem Kolonialismus und den indigenen Völkern eine zentrale Rolle. Veranstaltungen wie der Workshop „Warao: der Prozess der Kolonisierung“ von Alejandro Ceballos laden dazu ein, über globale Zusammenhänge von Umwelt, Kapitalismus und Kolonialismus nachzudenken. Ziel ist es, die Herausforderungen einer eurozentrischen Sichtweise zu thematisieren und den Verlust der Lebensweisen indigener Völker wie der Warao im Orinoco Flussdelta in den Fokus zu rücken. Diskussionen über alternative Wissensformen und die Notwendigkeit, emanzipatorische Praktiken ernst zu nehmen, sind ebenfalls Bestandteil dieses Bildungsansatzes, wie auf der Website der Postkolonialen Friedensstadt nachzulesen ist.
Entwicklungszusammenarbeit und europäische Verantwortung
Die Auseinandersetzung mit kolonialen Strukturen endet nicht mit dem formalen Ende der Kolonialzeit, wie ein Online-Seminar zu Entwicklungszusammenarbeit gezeigt hat. Hier gingen die Teilnehmenden der Frage nach, inwieweit diese Praktiken auch heute noch Fortwirkungen kolonialer Denkmuster aufrechterhalten. Die Veranstaltung regte eine kritische Diskussion über Handlungsoptionen in der heutigen Entwicklungszusammenarbeit an, indem sie die tiefe Verstrickung individueller Lebensweisen mit größer angelegten historischen und sozialen Strukturen beleuchtet und alternative Perspektiven vorstellte.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Augsburg auf einem guten Weg ist, sich seiner kolonialen Vergangenheit zu stellen. Es ist wichtig, weiter in diesen Dialog zu treten und gemeinsam zu lernen – letztlich profitieren wir alle von einer ehrlichen und vielschichtigen Auseinandersetzung mit unserer Geschichte.
Details | |
---|---|
Ort | Annastraße 25, 86150 Augsburg, Deutschland |
Quellen |