Hoffnung und Angst: Herrschinger Flüchtlingscafé kämpft gegen Abschiebungen

Hoffnung und Angst: Herrschinger Flüchtlingscafé kämpft gegen Abschiebungen

In Herrsching, wo die Bedürfnisse der Geflüchteten besonders spürbar sind, steht die integrative Arbeit des Vereins „Wir schaffen das“ vor großen Herausforderungen. Der Unterstützerkreis gründete sich 2015, als etwa 300 Menschen in die Gemeinde kamen. Seitdem engagiert sich die Initiative für die Integration von Asylbewerbern und hat im Jahr 2023 für ihre Bemühungen den Tassilo-Kultursozialpreis der SZ erhalten. Im Vordergrund steht das „Café Blabla“, ein interkultureller Treffpunkt, der heuer sein zehnjähriges Bestehen feiert und auf viele individuelle Erfolge zurückblickt.

Doch die Stimmung im beliebten Café hat sich in letzter Zeit stark verändert. Eine zunehmende Abschiebepraxis belastet die Atmosphäre. Silvana Prosperi, die in das Geschehen involviert ist, berichtet von vielen Geflüchteten, die von Rückführungen bedroht sind, darunter auch junge Menschen, die sich in Ausbildung befinden. Ein besonders berührendes Beispiel ist die 47-jährige Cennet G., die vor ihrem gewalttätigen Mann floh und fürchtet, in die Türkei abgeschoben zu werden. Ihr Asylantrag wurde als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt, und damit sind auch die Aufenthaltsgestattung und die Arbeitserlaubnis entzogen worden.

Die Situation der Betroffenen

Cennets Sohn, Can, der sich in Integrations- und Deutschkursen engagiert hat, steht jetzt ebenfalls vor einer ungewissen Zukunft, da ihm die Erlaubnis zur Fortsetzung seiner Lehre als Fachbauarbeiter entzogen wurde. Trotz solcher niederschmetternden Geschichten gibt es auch positive Biografien der Geflüchteten, die erfolgreich in den Arbeitsmarkt integriert wurden. Das Café Blabla bietet nicht nur Unterhaltungs-, sondern auch Bildungsangebote wie Deutschunterricht und Hausaufgabenhilfe und unterstützt die Menschen in behördlichen Belangen.

Der Trägerverein hat bereits 60 Wohnungen für 150 Personen vermittelt, und die Nachfrage nach Integrationskursen, speziell für Frauen, hat in den letzten drei Jahren stetig zugenommen. Dieser engagierte Helferkreis, der weitgehend intakt bleibt, erhält wichtige Unterstützung von der Gemeinde. Das Café Blabla hat sich einen ausgezeichneten Ruf erworben und trägt entscheidend zu einem friedlichen Miteinander in Herrsching bei.

Politische Rahmenbedingungen

Während sich die Lebensrealität der Geflüchteten in Herrsching zuspitzt, werden auf politischer Ebene Maßnahmen diskutiert, die die Situation noch verschärfen könnten. DW berichtet, dass die EU-Innenminister sich auf schärfere Asylregeln und ein gemeinsames europäisches Rückführungssystem verständigt haben, um Abschiebungen zu erleichtern und zu beschleunigen. Ein Solidarpakt soll dazu dienen, die Verteilung von Asylbewerbern über die EU-Mitgliedsstaaten zu regeln, wobei vor allem Länder wie Griechenland und Italien, die einen hohen Migrationsdruck erleben, im Vordergrund stehen.

Die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS), die bereits im Zuge der Herausforderungen von 2015 angestoßen wurde, sieht vor, dass Verfahren an den Außengrenzen der EU stattfinden und die Mobilität von Schutzsuchenden innerhalb der Union eingeschränkt wird. Kritiker, darunter Kirchen und Hilfswerke, üben jedoch erhebliche Bedenken an den neuen Regelungen, insbesondere in Bezug auf die Menschenrechte und die rechtstaatlichen Bedingungen während der Rückführung.

Die Entwicklungen rund um die Asylpolitik und die konkreten Auswirkungen auf die Geflüchteten in Herrsching sind ein deutliches Zeichen dafür, wie sehr das aktuelle politische Klima die Lebensrealitäten der Menschen beeinflusst, die hier versuchen, ein neues Leben aufzubauen.