
Am 24. Januar 2025, dem Welttag der Bildung, hat die Caritas auf die alarmierende Verschlechterung der Deutschkompetenzen bei Schulkindern hingewiesen. Laut der Stellvertretenden Schulleiterin der Caritas Fachakademie für Sozialpädagogik in Regensburg, Dr. Nicole Ehrmann-Ludwig, kann jeder vierte Viertklässler nicht richtig lesen. Um dieser besorgniserregenden Situation entgegenzuwirken, betont sie die Bedeutung der frühen Sprachförderung, die bereits nach der Geburt beginnen sollte. Die Fachakademie hat in Zusammenarbeit mit dem Staatsinstitut für Frühpädagogik das Fortbildungskonzept „Vorkurs Deutsch 240“ entwickelt, welches sich an Kinder im Kindergartenalter richtet, die Unterstützung im Umgang mit der deutschen Sprache benötigen.
Dr. Ehrmann-Ludwig ist seit 15 Jahren in der Ausbildung von Fachkräften in der Oberpfalz tätig. In der Ausbildung stehen der Erwerb und die Förderung von Sprache bei Kindern und Jugendlichen im Mittelpunkt. Für eine effektive Sprachförderung ist es wichtig, verschiedene Bereiche wie die lautliche Ebene, den Wortschatz, Grammatik und Kommunikation zu berücksichtigen. Methoden zur Sprachförderung sollten einfach in den Alltag integriert werden, damit sie für die Kinder zu einem natürlichen Bestandteil ihres Lebens werden.
Wertvolle Methoden der Sprachförderung
Zu den praktischen Beispielen der Sprachförderung gehören das Einrichten einer Schreibecke, begleitendes Sprechen bei Handlungen und korrektives Feedback. Ein derart ressourcenorientiertes Vorgehen ermutigt die Kinder, ihr sprachliches Potenzial auszuschöpfen. „Alle Kinder haben ein Recht auf sprachliche Bildung“, so Ehrmann-Ludwig weiter. Dabei ist das Vorlesen von zentraler Bedeutung, weshalb bereits im Krippenalter damit begonnen werden sollte. Kinderbücher bieten eine reichhaltige Sprache und komplexe Satzstrukturen, die für die sprachliche Entwicklung essentiell sind. Dies gilt besonders für Kinder mit Migrationserfahrung, für die der Zugang zur deutschen Sprache oft eine besondere Herausforderung darstellt.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt gezielt die sprachliche Bildung in Deutschland. Gute sprachliche Fähigkeiten sind entscheidend für soziale Kontakte und persönliche Entfaltung, was in mehreren Bildungsstudien festgestellt wurde. Insbesondere Kinder aus sozial benachteiligten Familien benötigen besondere Unterstützung bei ihrer Sprachentwicklung. Über 90% der Kinder zwischen drei und sechs Jahren besuchen inzwischen Kindertageseinrichtungen, wo gezielte Deutschförderung angeboten wird. Der Zugang zu qualitativ hochwertiger Sprachförderung soll Bildungsungerechtigkeiten reduzieren und Chancengerechtigkeit herstellen.
Die Bedeutung der Mehrsprachigkeit
In Deutschland wird Mehrsprachigkeit als gesellschaftliche Realität anerkannt und ist für viele Kinder alltäglich. Die Expertise von Argyro Panagiotopoulou befasst sich mit dem Sprachgebrauch junger Kinder in mehrsprachigen Familien und Kitas. Sie kritisiert den oft stigmatisierenden Umgang mit migrationsbedingter Mehrsprachigkeit und fordert eine inklusive Sprachbildung, die alle Kinder als künftige Mehrsprachige betrachtet. Durch den Translanguaging-Ansatz, der die dynamischen Bedingungen des Spracherwerbs berücksichtigt, sollen neue Perspektiven für die frühpädagogische Praxis eröffnet werden.
Das BMBF engagiert sich zudem in Projekten wie den Lesestart-Initiativen, die das Vorlesen im Familienalltag fördern und insbesondere Kinder mit Fluchterfahrung unterstützen. Die Initiative BiSS (Bildung durch Sprache und Schrift), die seit 2013 besteht, hat bereits über 600 Schulen und Kitas in allen Bundesländern erreicht. Gemeinsam mit digitalen Angeboten bietet sie verschiedene Fortbildungsressourcen für Fachkräfte, um die sprachliche Förderung weiter zu verbessern.
Diese umfassende Unterstützung und die Anerkennung der Mehrsprachigkeit sind klare Schritte, um die Sprachfähigkeit aller Kinder zu stärken und ihnen eine bessere Grundlage für ihre persönliche und schulische Entwicklung zu bieten. Die Zukunft der sprachlichen Bildung hängt davon ab, ob diese Ansätze in der frühen Förderung auch weiterhin prioritär berücksichtigt werden.