
Am 9. Februar 2025 fand im Kemptener Gewerkschaftshaus eine zentrale Veranstaltung statt, bei der Gewerkschaftsvertreter und lokale Politiker zusammenkamen, um über entscheidende Themen der Arbeitsmarktpolitik zu diskutieren. Im Fokus standen die Tarifbindung, der Mindestlohn und die Rentenreform. Silke Klos-Pöllinger vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) hob die essenzielle Rolle von Tarifverträgen für bessere Arbeitsbedingungen hervor und sprach die alarmierend niedrige Tarifbindung in Deutschland und insbesondere in Bayern an. Aktuell sind nur 49 % der Beschäftigten in Deutschland durch einen Tarifvertrag abgedeckt, wodurch ein akuter Handlungsbedarf entsteht, wie in einem Bericht auf destatis.de aufgezeigt wird.
Konstantin Plappert von der SPD forderte während der Diskussion ein Tariftreuegesetz, das sicherstellen soll, dass öffentliche Aufträge ausschließlich an tarifgebundene Unternehmen vergeben werden. Dies stieß auf Unterstützung von Andrea Wörle von den Grünen, die ebenfalls ein Vergabegesetz forderte, um die Tarifbindung zu stärken. Ralf Lehnhard von der Linken betonte die Notwendigkeit einer generellen Erhöhung der Tarifbindung, während Sarah Haneberg von den CSU Bedenken gegenüber den Herausforderungen äußerte, die Tarifzahlungen bei Ausschreibungen mit sich bringen.
Mindestsicherung und gerechte Finanzierung
Ein weiteres Hauptthema war die Forderung nach einer Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro. Sowohl Wörle als auch Plappert unterstützen diese Forderung und möchten, dass dies auch für unter 18-Jährige gilt. Haneberg zeigte jedoch Skepsis, ob der Mindestlohn im Wahlkampf instrumentalisiert werden sollte. Lehnhard plädierte dafür, dass der Mindestlohn dynamisch an die Lebenshaltungskosten angepasst werden müsse.
Die Diskussion über eine gerechtere Finanzierungsstruktur des Rentensystems stand ebenfalls im Mittelpunkt. Klos-Pöllinger forderte eine umfassende Rentenreform, um ein Leben in Würde zu garantieren. Plappert verwies auf die Notwendigkeit der Stabilisierung der Renten und Wörle führte aus, dass die Finanzierung gerechter gestaltet werden müsse, indem auch Kapitaleinkünfte in die Sozialversicherung einbezogen werden. Lehnhard schlug konkret eine Mindestrente von 1.400 Euro vor, während Haneberg sich eindeutig gegen eine Erhöhung des Renteneintrittsalters aussprach.
Politische Perspektiven und Herausforderungen
Die Diskussion über die zukünftige Arbeitsmarktpolitik wird von der Erosion des Tarifvertragssystems in Deutschland geprägt. Diese hat seit den 1990er Jahren, als noch fast 80 % der Arbeitnehmer durch Tarifverträge geschützt waren, einen besorgniserregenden Rückgang erlebt. 2023 waren lediglich 49 % der Arbeitnehmer stolz darauf, dass sie durch einen Tarifvertrag und Betriebsrat abgesichert waren, wie aus einem Bericht von wsi.de hervorgeht. Neben der Zunahme des Dienstleistungssektors und der Fragmentierung der Strukturen sind auch die politischen Rahmenbedingungen der letzten Jahre maßgeblich schuld an dieser Entwicklung.
Der DGB fordert daher mehrere Änderungen, um die Tarifbindung wieder zu stärken. Dazu gehören die Erleichterung der Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen und die Einführung eines Bundestariftreuegesetzes. Dieses sollte besagen, dass öffentliche Aufträge nur an tarifgebundene Unternehmen vergeben werden können.
Insgesamt bleibt die Zukunft der Tarifbindung in Deutschland ungewiss. Die unterschiedlichen Ansichten der Parteien zu Fragen wie Mindestlohn und Rentenreform deuten auf eine gespaltene Landschaft hin, in der die nächsten Wahlen entscheidend dafür sein werden, welche Maßnahmen tatsächlich ergriffen werden. Der DGB appellierte eindringlich an die Wähler, sich über die Positionen der Parteien zu informieren, um bei den bevorstehenden Entscheidungen bewusst wählen zu können. Michael Jäger warnte zudem vor dem zunehmenden Einfluss der AfD auf die politische Landschaft.