
In der kleinen Siedlung Gunzesried-Säge, einem Ortsteil des Oberallgäus mit lediglich 79 Einwohnern, entbrennt ein heftiger Streit um die geplante Flüchtlingsunterkunft im Heubethof. Das Landratsamt Oberallgäu hat Ende März die ehemalige Unterkunft für Gruppenreisen angemietet, um dort bis zu 45 geflüchtete Menschen unterzubringen. Doch die Anwohner sind mehr als besorgt. Die Infrastruktur in der Region ist begrenzt, was die Sorgen der Bürger wachsend verstärkt. Das nächstgelegene Dorf Gunzesried liegt fast vier Kilometer entfernt und bietet keinerlei medizinische Einrichtungen, Schulen oder Kindergärten. Supermärkte sind mehr als acht Kilometer entfernt in Blaichach.
Die Bevölkerung von Gunzesried-Säge hat sich mobilisiert und über 400 Unterschriften gegen die Unterkunft gesammelt. Ein Bürgerbegehren wurde zwar beim Blaichacher Gemeinderat eingereicht, jedoch aus formalen Gründen abgelehnt. In einer überwältigenden Entscheidung hat der Gemeinderat sich jedoch einstimmig der Petition angeschlossen und plant, die Eignung des Standorts umfassend zu prüfen. „Wir wollen sicherstellen, dass die Bedürfnisse unserer Gemeinde nicht übergangen werden“, erklärte ein Gemeinderatsmitglied.
Überblick über die Situation
Die Landrätin Indra Baier-Müller stellt die Notwendigkeit der Unterkunft in den Vordergrund. Trotz rückläufiger Asylbewerberzahlen müssen viele Geflüchtete in Notunterkünften wie Zelten untergebracht werden, was unhaltbar ist. Ziel des Landratsamtes ist es, eine stabilere Unterbringung zu schaffen. Dabei wird vornehmlich auf mobilere Personen und Familien mit einem eigenen Fahrzeug geachtet. Geplant ist, insbesondere ukrainische Familien in die neue Unterkunft zu verteilen.
Der Blaichacher Gemeinderat hat einer befristeten Nutzung für fünf Jahre zugestimmt. Rund 42 Geflüchtete leben derzeit bereits in Blaichach. Bei der Überprüfung der Eignung des Standorts wird der Ausschuss für Eingaben und Beschwerden im Bayerischen Landtag involviert. Der Landtagsabgeordnete Joachim Konrad (CSU) hat die Bedenken der Bürger bereits unterstützt und eine baldige Sitzung des Ausschusses nach Ostern angekündigt.
Integration im ländlichen Raum
Die Diskussion um die Flüchtlingsunterkunft in Gunzesried-Säge verdeutlicht die Herausforderungen der Integration in ländlichen Räumen. Laut einem Bericht des BAMF-Forschungszentrums leben etwa 93 Prozent der Fläche Deutschlands in ländlichen Gebieten. Während Migration oft mit städtischen Phänomenen assoziiert wird, zeigt sich, dass ländliche Räume zunehmend an Bedeutung als Wohnort für Geflüchtete gewinnen. Dennoch bestehen erhebliche Herausforderungen. Die Mobilität in ländlichen Regionen ist eingeschränkt, was den Zugang zu sozialen Angeboten und Arbeitsplätzen erschwert.
In Gunzesried-Säge wird diese Problematik besonders sichtbar. Die begrenzte Infrastruktur könnte die Integration von Geflüchteten erheblich behindern. Oft sind geflüchtete Menschen nicht motorisiert, was ihre Chancen auf Teilhabe am sozialen Leben und am Arbeitsmarkt verringert. Die Verteilung der Geflüchteten variiert stark in Deutschland, und die Integration hängt entscheidend von der Erreichbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel ab.
Die nächste Sitzung des Ausschusses wird mit Spannung erwartet, da sie über die Zukunft der geplanten Flüchtlingsunterkunft entscheiden könnte. Bis dahin bleibt die Gemeinde in Erwartung einer Lösung, die sowohl die Bedürfnisse der Anwohner als auch die der Geflüchteten berücksichtigt.