
In Ulm, einer Stadt mit einer wachsenden Sorge um Umweltschutz und Abfallvermeidung, entfaltet sich eine hitzige Debatte über die Einführung einer kommunalen Verpackungssteuer. Inspiriert durch das Tübinger Modell fordert die Grünen-Fraktion die Stadtverwaltung, die Umsetzung einer solchen Steuer zu prüfen. Anlass für die Diskussion ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, welches kürzlich die Rechtmäßigkeit einer Verpackungssteuer auf Einwegverpackungen bestätigt hat.
Bereits 2023 hatten die Grünen einen Antrag zur Einführung einer Verpackungssteuer in Ulm gestellt, doch die Stadtverwaltung entschied sich zunächst, das Urteil und die Erfahrungen aus Tübingen abzuwarten. Tübingen erhebt seit dem 1. Januar 2022 Gebühren für verschiedene Einwegverpackungen: 50 Cent für Produkte wie Getränkebecher und Pizzakartons sowie 20 Cent für Besteck und Trinkhalme. Diese Maßnahme hatte zum Ziel, Einnahmen für den städtischen Haushalt zu generieren und die Vermüllung der Stadt zu bekämpfen, während gleichzeitig Anreize für die Nutzung von Mehrwegsystemen geschaffen werden sollten.
Rechtliche Grundlagen und Erfahrungen aus Tübingen
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts wies eine Verfassungsbeschwerde gegen die Tübinger Verpackungssteuersatzung zurück. Der Senat bestätigte, dass die steuerliche Regelung, die den Endverkäufern von Speisen und Getränken obliegt, rechtmäßig ist und auf dem im Grundgesetz verankerten Recht beruht. Zudem wurde festgestellt, dass die Steuer auch für take-away-Gerichte gilt, da diese typischerweise im Gemeindegebiet konsumiert werden.
In Tübingen sind nach Angaben der Stadt jährliche Einnahmen von etwa 800.000 Euro aus der Steuer zu verzeichnen. Dies ermöglicht es, Projekte zur Abfallvermeidung zu finanzieren, während gleichzeitig die Nutzung von Mehrwegverpackungen gefördert wird. Dennoch zeigt sich, dass die Resonanz auf Mehrwegangebote in der Gastronomie zurückhaltend ist. Auch Gastronomiebetriebe in Ulm äußerten sich 2023 wenig begeistert über die Kundenakzeptanz von Mehrwegalternativen.
Strategische Überlegungen der Ulmer Stadtverwaltung
Ulms Oberbürgermeister Martin Ansbacher (SPD) bezeichnet das Urteil des Bundesverfassungsgerichts als Signal für eine mögliche Tendenz hin zu Mehrwegverpackungen. Er hebt die Notwendigkeit eines umfangreichen Mehrwegangebots hervor und betont die Bedeutung der Motivation der Kunden zur Nutzung solcher Produkte. Ansbacher fordert eine sorgfältige Prüfung, bevor eine Verpackungssteuer in Ulm umgesetzt wird.
Die benachbarte Stadt Neu-Ulm hat hingegen eine Verpackungssteuer bereits abgelehnt. Die Verantwortlichen dort sehen den Bund in der Pflicht, eine einheitliche Regelung zu schaffen, um so unterschiedliche kommunale Steuermodelle zu vermeiden. Experten argumentieren, dass kommunale Verpackungssteuern geeignete Instrumente zur Abfallvermeidung sein könnten, solange sie im Einklang mit den bundesrechtlichen Abfallvorschriften stehen. Das Beispiel Tübingen zeigt, dass solche Steuern durchaus eine Funktion im kommunalen Abfallwirtschaftskonzept erfüllen können, wie unterstrichen wird in den Überlegungen auf fn.legal.