
Am 28. Januar 2025 kam es in München zu einem markanten Protest gegen die Aggressionen der AfD. Aktivist:innen von „Palaestina Solidarity“ (PS) beteiligten sich an Blockaden des nach Riesa verlagerten AfD-Parteitags, was deren Engagement in der aktuellen politischen Debatte deutlich macht. Doch der Ausschluss von PS aus einer breiteren Mobilisierung spaltet die Anti-Rechts-Bewegung und könnte der AfD ungewollt Vorschub leisten. Laut Klasse gegen Klasse wird dieser Antrag von einem Organisatoren-Team damit begründet, dass PS zur Gewalt gegen Zivilist:innen aufrufen würde. Diesen Vorwurf weist PS entschieden zurück.
Die vorerst beschlossenen Maßnahmen gegen PS und weitere palästina-solidarische Gruppen werfen Fragen zur Meinungsfreiheit auf. Dabei wird die CSU kritisiert, da sie der palästina-solidarischen Politik eine kriminalisierende und diffamierende Tendenz unterstellt. Diese Entwicklung ist nicht isoliert zu betrachten, sondern steht im Kontext wachsender Spannungen im deutsch-palästinensischen Diskurs.
Hintergrund und rechtliche Rahmenbedingungen
Der Slogan „From the river to the sea“ steht epizentral in diesem Diskurs. Während ein Amtsgericht in Berlin im August 2024 eine Person wegen Billigung von Straftaten verurteilte, entschied ein Landgericht in Mannheim, dass der Slogan keine eindeutige Hamas-Parole darstellt und durch die Meinungsfreiheit gedeckt sei. Diese unterschiedlichen rechtlichen Bewertungen führen zur Rechtsunsicherheit, die erst mit einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts überwunden werden kann, wie Amnesty International beleuchtet.
Die Herausforderungen der Meinungsfreiheit sind in den letzten Monaten deutlich gewachsen. Demonstrationen, die mit Slogans wie „Stoppt den Genozid“ mobilisieren, sehen sich rechtlichen Konsequenzen gegenüber, während gleichzeitig legitime Versammlungseinschränkungen, etwa gegen Gewaltaufrufe oder antisemitische Äußerungen, bestehen. Die Instrumentalisierung staatlicher Macht in Form des „chilling effect“ lässt viele Menschen zögern, ihre Grundrechte wahrzunehmen.
Aufruf zur breiteren Solidarität
Die Organisatoren der Proteste appellieren an die Bewegung, sich stärker gegen alle Formen von Rassismus und Antisemitismus zu positionieren. Der kritisierte Antrag hat zudem Stimmen aus der Zivilgesellschaft gegen sich. Bis zum 3. November 2024 hatten über 1400 Personen für eine öffentliche Debatte über einen Entschließungsentwurf des Bundestags Unterzeichnet, um nicht nur antisemitsiche Gewalt zu adressieren, sondern auch Rassismus, Misogynie und queerfeindliche Tendenzen.
Diese Erklärung, unterstützt von prominenten Stimmen, fordert eine inklusive Diskussion, die den Schutz von Minderheiten und die Bekämpfung von Diskriminierung zum Ziel hat. Würde der vom Bundestag geplante Entschließungsentwurf ohne Berücksichtigung dieser Standpunkte über die Bühne gehen, könnte dies den vorhandenen Graben zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen weiter vertiefen, gerade in einer Zeit, in der politische und gesellschaftliche Strömungen stark polarisiert sind. Amnesty International fordert darin Veränderungen zur Förderung demokratischer Werte, Bildung und Aufklärung, um intersektionale Diskriminierungsstrukturen angemessen zu erkennen.
Die gegenwärtigen Entwicklungen um die Protestkultur in Deutschland, insbesondere in Bezug auf die Auseinandersetzung mit dem Nahostkonflikt, sind komplex und verlangen nach klaren Ansagen aus Politik und Gesellschaft: Für eine Gesellschaft, die Diskriminierung aller Art aktiv bekämpft und Menschenrechte in den Mittelpunkt ihrer Agenda stellt.