
Am Unsinnigen Donnerstag, dem 28. Februar 2025, erlebte das Hilgertshauser Rathaus einen ungewohnten Anblick. Elf Gmoa-Hexen stürmten das Gebäude, um ihrem Unmut über lokale Herausforderungen Ausdruck zu verleihen. Bürgermeister Markus Hertlein musste dabei seinen Platz räumen, während die Hexen vor dem Rathaus tanzten und ein eigens kreiertes Hexenlied anstimmten. Dieses ungewöhnliche Szenario war jedoch mehr als nur ein närrischer Auftritt – es war ein Zeichen für die besorgniserregende Finanzlage der Gemeinde.
Im Mittelpunkt des Geschehens stand eine Rede der Hexenvertreterin Martina, die im Rathaussaal gehalten wurde. Die Themen ihrer Ansprache umfassten die Abwasserproblematik, die neue Kläranlage, die geplante Errichtung eines neuen Kinderhauses sowie das umstrittene Gewerbegebiet bei St. Urschl. Positives Feedback ging von den Hexen an das neue Kinderhaus, das als Fortschritt für die Jugend hervorgestrichen wurde. Allerdings gab es deutliche Kritik an den parkenden Eltern, die ihre Kinder nicht zu Fuß begleiten und damit den Verkehr unnötig belasten.
Finanzielle Sorgen und Kritik an Infrastruktur
Die Sorgen der „Hexen“ erstreckten sich auch auf die hohen Gemeindeschulden, die laut ihrer Aussage „zum finanziellen Ruin“ führen könnten. Neben einem Bedauern über die fehlende Supermarkterschließung im Ort äußerten die Hexen Unverständnis über das geplante Gewerbegebiet, da das bestehende Gewerbegebiet bereits nicht ausgelastet sei.
Ein weiteres zentrales Thema war die neue Kläranlage, die Bürgermeister Hertlein als sein Lieblingsprojekt bezeichnet hat. Der Bau der Kläranlage stellt das größte Infrastrukturprojekt der Gemeinde dar. Die Abwasserdruckleitung von Tandern nach Hilgertshausen wurde bereits im Jahr 2021 fertiggestellt. Dennoch steht der Bau eines Regenrückhaltebeckens vor der Realisierung, das mit Kosten von insgesamt 2,23 Millionen Euro zu Buche schlagen wird. Dieses rechteckige Betonbauwerk mit einem Volumen von 343 Kubikmetern soll dazu dienen, Mischwasser bei Starkregenereignissen zurückzuhalten und wird westlich der Kläranlage errichtet. Der Bau soll gegen Ende 2025, Anfang 2026 erfolgen, und die Finanzierung ist ebenfalls ein zentrales Anliegen des Gemeinderats, da Förderanträge bereits gestellt wurden.
Herausforderungen in der kommunalen Wasserwirtschaft
Die Herausforderungen in der Wasser- und Abwasserwirtschaft sind in vielen Kommunen ähnlich. Gemäß Berichten von Böll Stiftung stellen die Wasserver- und Abwasserentsorgung die größten Haushaltsposten dar. Oft sind die benötigten Sanierungen der Netze überfällig, was durch den Bevölkerungsrückgang und den Klimawandel zusätzlich erschwert wird. In Hilgertshausen sind diese Probleme nicht anders. Hier werden Strategien zur Bürgerbeteiligung nach der EG-Wasserrahmenrichtlinie gefordert, um zukünftige Misswirtschaft zu vermeiden.
Neben der Kläranlage und dem Regenrückhaltebecken bleibt der Zustand öffentlicher wie privater Abwasserleitungen eine Herausforderung. Experten meistens prognostizieren etliche Milliarden Euro Sanierungsbedarf für die Kanalisation bundesweit, wobei die tatsächlichen Erneuerungsraten oft darunter liegen, was das Risiko für Rohrbrüche erhöht.
Der Auftritt des „Flöten-Abwasser-Raten-Untergangs-Chors“ während des Hexen-Faschings fügte dem Geschehen eine zusätzliche dramatische Note hinzu. Die Darbietung brachte die Sorgen um die Abwasserproblematik auf humorvolle Weise zum Ausdruck, während die Hexen nochmals auf die Sanierungsnotwendigkeiten und die Dringlichkeit, in der diese Themen angegangen werden müssen, hinwiesen.
Zusammenfassend zeigte der Festakt im Rathaus von Hilgertshausen-Tandern nicht nur die tradierten Bräuche des Faschings, sondern auch die tief verwurzelten Sorgen um die zukünftige Entwicklung der Gemeinde. Es bleibt abzuwarten, wie die politische Führung auf die eindringlichen Mahnungen der „Hexen“ reagieren wird.