Wunsiedel: Wie Bürger den Neonazis die Heimat entzogen haben!
Wunsiedel im Fichtelgebirge: Ein Blick auf den Widerstand gegen Neonazismus und die Förderung von Zivilcourage in der Stadt.

Wunsiedel: Wie Bürger den Neonazis die Heimat entzogen haben!
Die kleine Stadt Wunsiedel im Nordosten Bayerns hat eine bewegte Geschichte im Kampf gegen Neonazismus. Einst als „braune Stadt“ bekannt, hat sie sich in den letzten Jahren gewandelt und zeigt, wie engagierte Bürger erfolgreich gegen rechtsextreme Tendenzen ankämpfen können. n-tv berichtet, dass die Besetzung der Stadt durch rechtsextreme Aufmärsche mit der Beisetzung von Rudolf Heß, dem Stellvertreter von Adolf Hitler, im Jahr 1987 begonnen hat. Heß, der nie in Wunsiedel lebte, wurde auf dem evangelischen Friedhof beigesetzt. Von da an betrachteten Neonazis ihn als Märtyrer und begannen im Jahr 1988 mit Gedenkveranstaltungen an seinem Grab.
Diese Gedenkfeiern sorgten dafür, dass Neonazis in den Folgejahren regelmäßig versuchten, in Wunsiedel zusammenzukommen. Insbesondere von 2001 bis 2004 durften sie dies legal tun, was die Stadt in der Wahrnehmung vieler zu einem Zentrum rechtsextremer Aktivitäten machte. Doch die Bürger von Wunsiedel setzten ein starkes Zeichen gegen diese Entwicklung: Die Bürgerinitiative „Netzwerk Wunsiedel ist bunt“ formierte sich, um sich aktiv gegen den Rechtsextremismus zu engagieren.
Bürgerproteste und Gerichtsurteile
Ein wahrhaft bewegendes Ereignis fand 2004 statt, als mehrere Hundert Bürger gegen einen Neonazi-Aufmarsch mit etwa 4.000 Teilnehmern protestierten. Diese Bürgerproteste waren ein Wendepunkt. Im Jahr 2005 fiel ein historisches Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das erstmals einen Neonazi-Aufmarsch in Wunsiedel verbot. Ein weiterer wichtiger Schritt kam 2009, als das Gericht entschied, dass Versammlungen, die den Nationalsozialismus verherrlichen, verboten werden dürfen. Diese rechtlichen Erfolge trugen dazu bei, den Einfluss der Neonazis weiter zu verringern.
Doch die Wende kam nicht nur durch juristische Schritte. Im Jahr 2014 fand der „Unfreiwilligste Spendenlauf“ statt, bei dem für jeden Meter, den die Neonazis liefen, Geld an die Aussteigerorganisation EXIT gespendet wurde. Diese kreative Protestform inspirierte auch ähnliche Veranstaltungen in anderen Städten, wie 2017 in Berlin-Spandau.
Ein neues Kapitel für Wunsiedel
Heute ist es in Wunsiedel deutlich ruhiger geworden; Neonazis kommen kaum noch. Ein entscheidender Grund dafür war die Auflösung der Grabstätte von Heß sowie die Bestattung seiner Gebeine im Meer, was das Symbol seiner Verehrung stark beeinflusste. n-tv hebt hervor, dass die Initiative „Wunsiedel ist bunt“ weiterhin aktiv ist, um für Demokratie und Zivilcourage einzutreten. Die Bürger von Wunsiedel haben bewiesen, dass Zivilcourage und Engagement gegen Rechtsextremismus eine starke Waffe sind.
Wunsiedel überrascht als ein leuchtendes Beispiel dafür, wie sich eine Gemeinschaft mobilisieren kann, um Hass und Intoleranz entgegenzuwirken. Mit dem fortwährenden Einsatz der Bürger ist zu hoffen, dass Wunsiedel auch in Zukunft von der “braunen” Vergangenheit befreit bleibt und stattdessen ein Ort der Vielfalt und des friedlichen Zusammenlebens wird.