Heiliger Deodatus in Mühldorf: Reliquienexperte rettet kostbare Überreste!
Am 23.12.2025 berichtet Mühldorf am Inn über die Restaurierung der Ganzkörperreliquie des Heiligen Deodatus in der St. Nikolaus Kirche.

Heiliger Deodatus in Mühldorf: Reliquienexperte rettet kostbare Überreste!
Der Heilige Deodatus: Eine Reliquie kehrt zu neuem Glanz zurück
In der St. Nikolaus Kirche in Mühldorf wird im Moment die seltene Ganzkörperreliquie des Heiligen Deodatus aufwändig restauriert. Reinhard Zehentner, ein renommierter Restaurator und Reliquienfasser, hat die zarte Aufgabe übernommen, diese jahrhundertealte Reliquie zu reinigen und wieder in ihren ursprünglichen Zustand zu versetzen. Der Heilige Deodatus, der in einem gläsernen Schrein auf dem Sebastiansaltar ausgestellt ist, hat eine bewegte Geschichte, die bis in die Katakomben bei Rom zurückreicht.
Deodatus überstand nicht nur einen Katakombeneinsturz, sondern auch den dramatischen Zusammenbruch des Kirchendachs der Pfarrkirche St. Nikolaus im Jahr 1768. Die Gebeine des Heiligen wurden 1745 über Salzburg nach Mühldorf überführt, wo sie seitdem verehrt werden. Allerdings gab es auch skurrile Ereignisse in der Pflege dieser Reliquie. In den 1950er Jahren wurde die Reliquie versehentlich von Frauen gereinigt, die die „heilige Erde“ aus dem Kelch fälschlicherweise für Schmutz hielten und sie wegschütteten.
Religiöse Schätze und ihre Geschichten
Der Reliquienhandel war im Mittelalter ein florierendes Geschäft. Wie die Website habsburger.net berichtet, wurde der Handel mit Reliquien oft als Schenkung oder Diebstahl getarnt. Die Auswirkungen der Reliquienverehrung waren enorm: Sie stärkten nicht nur die religiöse Identität, sondern zogen auch Pilger und wirtschaftliche Aktivitäten an.
Die Suche nach Reliquien hat jedoch auch ethische Bedenken ausgelöst. Die Fälschungen waren weit verbreitet, und Kleriker, die den Wert der Reliquien kannten, waren häufig die Hauptakteure im Handel. Die Preisgestaltung war schwierig, da es an Vergleichswerten mangelte, und oft wurden astronomische Summen für Reliquien aufgerufen. Ein Beispiel hierfür ist die Tatsache, dass die Gebeine des Heiligen Antonius im frühen Mittelalter in Gold aufgewogen wurden.
Eine Handwerkliche Meisterleistung
Die Aufbereitung der Reliquie des Heiligen Deodatus stellt Zehentner vor einige Herausforderungen. Während des Renovierungsprozesses wurde die Reliquie zusammen mit ihrem Schrein in der Sakristei aufbewahrt, wo sie eine Zeit lang vergessen blieb. Holzwürmer hatten den Schrein befallen, was eine Stickstoffbegasung notwendig machte. Zehentner, der über 40 Jahre im Denkmalamt München tätig war und sich intensiv mit religiöser Volkskunst beschäftigt hat, nutzt spezielle Techniken, um die Reliquie zu reinigen und zu restaurieren.
Besonders hervorzuheben sind die kleinen Perlen, mit denen die Finger- und Zehenspitzen des Deodatus verziert sind – ein einzigartiges Merkmal, das die Reliquie noch wertvoller macht. Die Kunst des Reliquienfassens erlernte Zehentner bei Klosterfrauen in Altötting und hat sich seitdem einen Namen in der Restaurierung gemacht.
Neben der Restaurierung hat Zehentner auch an Ausstellungen und interaktiven Tafeln im Museum Mühldorf mitgewirkt, um den Kult um Reliquien verständlich zu machen. Diese tief verwurzelte Tradition zeigt nicht nur den Glauben der Menschen, sondern auch einen historischen Zusammenhang zwischen Verehrung und Wirtschaft. In einer Zeit, in der Reliquien weiterhin als kulturelle Artefakte und Identitätssymbole bestehen bleiben, wird die Balance zwischen dem Glauben und dem geschäftlichen Aspekt immer wichtiger.
Abschließend lässt sich sagen, dass die Reliquie des Heiligen Deodatus nicht nur ein faszinierendes Stück Geschichte ist, sondern auch einen Blick auf die komplexen Beziehungen zwischen Spiritualität und ökonomischen Interessen im Mittelalter gewährt. Die Restaurierung wird nicht nur die Reliquie verschönern, sondern auch dazu beitragen, das Bewusstsein für den Wert und die Bedeutung solcher heiligen Artefakte zu schärfen.