
In Lindau, einer Stadt am Bodensee, wird nicht nur Wissenschaft großgeschrieben, sondern auch die Biografien ihrer einstigen Bewohner. Eine besonders bemerkenswerte Persönlichkeit ist Hartmut Grübel, der heute als ehemaliger Ministerialdirigent im Bundesministerium für Bildung, Forschung und Technologie bekannt ist. Vor Kurzem feierte er seinen 80. Geburtstag in der Berlin-Brandenburger Akademie der Wissenschaften, wenige Monate nach einer feierlichen Veranstaltung im Dezember.
Grübel wuchs in Lindau als Sohn eines Gemüsehändlers auf. In den 1950er Jahren besuchte er die heimischen Schulen und absolvierte 1963 sein Abitur am Bodensee-Gymnasium. Trotz des elterlichen Geschäfts entschied er sich für ein Jurastudium in München und trat danach in die Bundesfinanzverwaltung ein.
Karriere und Einfluss im Kanzleramt
Seine Karriere nahm einen entscheidenden Wendepunkt, als er als Personalaushilfe im Kanzleramt zu arbeiten begann. Dort stieg Grübel schnell zum Referatsleiter und Ministerialrat für Forschung und Technologie auf. Besonders erwähnenswert ist seine Rolle im Kontext der deutschen Wiedervereinigung: Nach dem Fall der Mauer wurde er für den Vereinigungsprozess im Forschungsbereich verantwortlich. In dieser Funktion war er maßgeblich an der Organisation der Nobelpreisträgertagungen in Lindau beteiligt und half sogar, die erste Bundesförderung für diese prestigeträchtigen Veranstaltungen zu sichern.
Die Lindauer Nobelpreisträgertagungen sind ein wichtiges Forum für den Austausch zwischen Generationen, Disziplinen und Kulturen. Diese Tradition wurde 1951 von den Lindauer Ärzten Hein und Parade sowie Graf Lennart Bernadotte ins Leben gerufen. Bei dieser ersten Tagung kamen sieben Nobelpreisträger zusammen, um die wissenschaftlichen Kontakte nach dem Zweiten Weltkrieg wiederherzustellen. Seither sind die Tagungen zu einem internationalen Highlight für Wissenschaftler geworden, die eine Plattform für Debatten, Vorträge und den Austausch darstellt.
Die Fortführung der Tradition
Aktuell findet die 73. Tagung der Nobelpreisträger in Lindau statt, die vom 30. Juni bis zum 5. Juli 2024 mit einem Schwerpunkt auf Physik wiederkehrt. Hier können jährlich 600 Studierende, Doktoranden und Postdocs aus aller Welt die Gelegenheit nutzen, mit Nobelpreisträgern in Kontakt zu treten. Damit die Veranstaltungsreihe in der gewohnten Form fortbestehen kann, wurde die Stiftung Lindauer Nobelpreisträgertagungen im Jahr 2000 von 50 Nobelpreisträgern gegründet. Diese Stiftung wird durch ein Kuratorium, dessen Mitglieder Persönlichkeiten wie Josef Ackermann und Angela Merkel angehören, unterstützt.
Die Veranstaltungen fördern den wissenschaftlichen Austausch fernab kultureller und politischer Grenzen, gepaart mit einem umfangreichen Bewerbungsverfahren für die Teilnehmer. Auch die Lindauer Mediathek spielt eine tragende Rolle, indem sie zahlreiche Vorträge und Diskussionsauszüge online zur Verfügung stellt.
Hartmut Grübel, der nach wie vor Schwäbisch spricht und ein kleines Häuschen in seiner Heimatstadt besitzt, beschreibt die Region, in der er aufwuchs, als „ein Stück Paradies“. Auch heute ist er ein Befürworter der Verbindung von Wissenschaft und Tradition, eine Verbindung, die in Lindau seit Jahrzehnten gelebt wird.